Review< Zurück 30.04.2011
Von Max Werschitz
Mit Kenneth Brannagh im Regiestuhl und jeder Menge Special Effects unter dessen Hintern versucht Marvel zu zeigen wo im Universum der Comic-Verfilmungen der Hammer hängt. Humor ist, wenn man trotzdem lacht – gottseidank.
Aufgepasst, Midgardianer, ähm, Erdenbürger! Zuerst die gute Nachricht: wir sind nicht alleine. Jetzt die schlechte: wenn unsere Galaxie ein Schulhof wäre, dann sind wir der schwächliche kleine Junge der dort regelmäßig um sein Jausengeld gebracht und verprügelt wird. Zum Beispiel von den Eisriesen aus Jotunheim. Doch in dem auf nordischer Mythologie basierten neunweltigen Comicuniversum Marvels gibt es, und das mehr oder weniger wörtlich, gottseidank auch nette Kerle – wie Odin (Anthony Hopkins) aus Asgard. Der schlug 970 A.D. in der skandinavischen Einöde die fiesen Riesen zurück, nahm ihnen die Quelle ihrer Macht, und gab uns dafür neue Geschichten zu erzählen – bis auch diese langsam in Vergessenheit gerieten.
Gut 1000 Jahre später frösteln die Bösewichte immer noch frustriert auf ihrer Heimatwelt herum, während auf Asgard einer der beiden Söhne Odins, der Strahlemann Thor (Chris Hemsworth), in Kürze das Szepter übernehmen und seinen Hammer schwingen soll. Die Zeremonie wird jedoch durch den Versuch einer kleinen Gruppe Eisriesen ihre, äh, Muttertiefkühltruhe zurückzufladern, unterbrochen. Der ungestüme Thronfolger missachtet daraufhin die Befehle seines Vaters, reist mit einer kleinen Gruppe seiner Kampfkumpanen sowie Bruder Loki (Tom Hiddleston) per "Bifröst"-Wurmlochschleuder nach Jotunheim und zettelt einen Kampf mit dessen Anführer Laufey (Colm Feore) an. In letzter Sekunde kann Odin die seinigen retten, sieht jedoch den fragilen Frieden zwischen Asgard und Jotunheim endgültig zerstört, und Thor als das was er ist: ein arrogantes und ganz und gar nicht regierungsfähiges Kind. Als Strafe entzieht er ihm alle seine Kräfte und verbannt ihn auf die Erde, mit dem Hammer als Nachsendeauftrag.
Dort wird Thor in New Mexico von der Wissenschaftlerin Jane Foster (Natalie Portman) aufgelesen und lernt erst mal die längst überfällige Lektion in Sachen Demut. Und diese wird bald bitter nötig: seinen Hammer Mjolnir, samt seiner überirdischen Macht, bekommt er auf Odins Geheiß erst wieder zurück wenn er sich dessen als wahrlich würdig erweist, und der wahre Bösewicht der Geschichte, Loki, scharrt bereits in den Startlöchern.
Mit Thor wurde Regisseur Kenneth Brannagh vom Shakespeare- zum Comic-Verfilmer, und bekam als Entschädigung sage und schreibe fünf Autoren zur Seite gestellt: Drei mir Unbekannte namens Miller, Stentz und Payne für das Drehbuch selbst, dazu Mark Protosevich (u.a. The Cell) und J. Michael Straczynski (Mein Held! Babylon 5!) für die grundlegende Story. Rausgekommen ist dann mehr sage als schreibe, und ich weiß auch genau was die fünf Herren sich über den Konferenztisch ständig zugerufen haben: weniger ist mehr. Das funktioniert im Film dann auch mehr oder weniger.
Thor ist übersichtliche filmische Trennkost. Den Fettanteil liefern die Szenen auf Jotunheim und Asgard, zwei actiongefüllte Fantasyschnitzel herausgebacken im Schmalz der professionellen, aber wie immer eben etwas zu aalglatten CGI-Effekte. Hier wird dem Zuseher ein Energieschub geboten den man durchaus, wenn auch nur kurzfristig, genießt. Die Kohlenhydrate und damit den wahren Gehalt des Films stellen jedoch die Szenen auf der Erde dar, die neben der (etwas zu rasch abgehandelten) Charakterentwicklung des Protagonisten vor allem die nötige Portion Humor ins Rezept bringt. Dieser Humor rettet in meinen Augen das Gesamtbild: es ist als würde Charmebolzen Chris Hemsworth nicht nur immer wieder dem Publikum, sondern auch ständig sich selbst zuzwinkern.
Dieser Tenor verleiht auch der sich anbahnenden Liebesgeschichte mit Natalie Portman eine untypische Facette: anstatt den Superhelden hirnlos anzuschmachten (ich sage nur: Lois Lane) scheint sie ihn – so kam es mir zumindest vor – nie so richtig ernst zu nehmen. Ganz so als hätte sie, eine gebildete und emanzipierte Frau, nostalgischerweise ihre alte Ken-Puppe vom Dachboden hervorgekramt und deren simplen Unterhaltungsfaktor wiederentdeckt. Und genau so wird es wohl auch dem Großteil des (erwachsenen) Kinopublikums gehen.
Meine Wertung: |
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